Geschichte der Saxo-Silesia
Vorgeschichte: Die burschenschaftliche Bewegung
Nach Ende der Befreiungskriege gegen Napoleon beginnt am 12. Juli 1815 die burschenschaftlichen Bewegung mit der Gründung der Urburschenschaft in Jena.
Sie war der Zusammenschluss Jenaer Studenten, deren Ziele die nationale Einheit aller Deutschen und die Befreiung von obrigkeitsstaatlichem Regiment waren. Viele der späteren Burschenschafter hatten als Freiwillige an den Befreiungskriegen gegen Napoleon in den Jahren 1813 bis 1815 teilgenommen und widersetzten sich den Beschlüssen des Wiener Kongresses vom Sommer 1815, der eine Zersplitterung Deutschlands in 38 Teilstaaten festgeschrieben hatte.
Die Burschenschaft ist die Gesamtheit der deutschen Burschenschaften, die aus der in Jena gegründeten burschenschaftlichen Bewegung von 1815 hervorgegangen sind oder sich zu ihr bekennen.
Diese Ziele wurden trotz Verfolgung und Unterdrückung immer wieder in die Öffentlichkeit getragen. Das Wartburgfest im Oktober 1817 in Eisenach, das Hambacher Fest 1832 in der Pfalz, die Revolution 1848 und daran anschließend die stark von Burschenschaften geprägte Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche bildeten Höhepunkte in der von der burschenschaftlichen Bewegung mitbestimmten Entwicklung auf dem Weg zum Nationalstaat.
Nachdem die Revolution 1849 niedergeschlagen worden war, betrat mit dem seit 1862 amtierenden Ministerpräsidenten Preußens Otto von Bismarck ein national denkender und konfliktfähiger Politiker die Bühne der deutschen Politik. Durch die Einigungskriege führt er Deutschland zusammen, sodaß am 18. Januar 1871 das zweite deutsche Reich gegründet werden konnte.
Die fortschrittliche Reichsverfassung und die Konstitution als parlamentarische Monarchie kann als späte und zumindest teilweise Realisierung der Forderungen von 1848 – allerdings in konservativem Gewand – angesehen werden.
Gründung: Das Deutsche Reich und die Vorkriegsjahre
Es ist kein Zufall, daß die 1885 erfolgte Gründung des Vorläufers der Saxo-Silesia, die freischlagende Verbindung Septemtrionia (“Siebengestirn”), auf den 18. Januar fällt. Die Septemtrionia ändert ihren Namen nach der Herkunft der Mitglieder, die überwiegend Landsmannschafter aus Sachsen und Schlesien waren, in Saxo-Silesia, um in den Landsmannschaflichen Dachverband LC aufgenommen werden zu können. Es werden sieben Pflichtpartien verlangt.
Am 18. Januar 1900 wird die Saxo-Silesia schließlich Burschenschaft und in den Allgemeinen Deputierten Convent, welcher heute der Dachverband der Deutschen Burschenschaft ist, aufgenommen.
1904 wird das Haus in der Tivolistraße in Freiburg erworben.
Krieg: Erster und Zweiter Weltkrieg
Während des ersten Weltkrieges sind immer noch Aktive vor Ort, weshalb die Saxo-Silesia nicht schließen mußte. Nach dem Krieg lebt der Universitätsbetrieb wieder auf. Die Zahl der Studenten steigt von 300 in 1918 auf 3000 in 1919. Zum Vergleich: 2019 sind über 24.000 Studenten an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg eingeschrieben.
In den Nachkriegsjahren kommt das Korporationsleben wie das gesamte Studentenleben durch wirtschaftliche Nöte beinahe vollständig zum Erliegen. Das Mensurfechten wurde für eine kurze Zeit verboten und verfolgt.
In den Folgejahren stiegen die Aktivenzahlen stark an, 47 waren es 1930, eine bis heute unübertroffene Zahl. Pflichtpartien und darüber hinaus vier bis fünf Pro-Patria-Suiten pro Semester wurden wieder mit Regelmäßigkeit ausgetragen.
1935 führt die Verfolgung durch den NS-Staat zur Auflösung der Deutschen Burschenschaft und einem Aufgehen der Einzelburschenschaften im NSDStB. Der Sprecher der Aktivitas erklärt im Einvernehmen mit dem AH-Vorsitzenden die Aufösung der Aktivitas. Das Haus in der Tivolistraße wird vorsorglich verkauft, um einer drohenden Enteignung zu entgehen. Der des Korporationsbetrieb wird eingestellt, insbesondere das Mensurfechten. Es wurden auch keine Farben mehr getragen. Saxo-Silesia trug bis auf weiteres den Namen Kameradschaft Saxo-Silesia, die bald darauf suspendiert wurde. Ein Teil der Mitglieder schloß sich daraufhin der Kameradschaft Lützow an. An die Stelle des Mensurfechtens tritt das Sportsegelfliegen. Der zweite Weltkrieg fordert von den Mitgliedern der Saxo-Silesia einen hohen Blutzoll.
Bundesrepublik: Die Saxo-Silesia bleibt eigenständig
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges verbieten die Besatzer Korporationen. Erst 1951 kann die Saxo-Silesia ihren Betrieb wieder aufnehmen.
Auch diejenigen Bundesbrüder, die unter den Folgen des Krieges stärker zu leiden haben als andere, werden in dieser Zeit der Rekonstituierung nicht vergessen. So wird im Jahr 1951 ein Hilfswerk eingerichtet, dass Spenden an bedürftige Bundesbrüder weiterleitet sowie Hinweise auf den Verbleib solcher Saxo-Silesen entgegennimmt, deren Aufenthaltsort noch unbekannt ist. Auch werden den Bundesbrüdern, die in der von den Sowjets besetzten Zone leben und die in sehr nachdenklich stimmenden Briefen von der zunehmenden Verschlechterung der Verhältnisse berichten, Pakete mit den wichtigsten Bedarfsmitteln wie etwa Fleisch und Butter zugesandt, um ihnen über das Schlimmste hinwegzuhelfen. Briefe und Berichte über diese Hilfen legen ein eindrucksvolles Zeugnis über die Kraft und den Bestand des bundesbrüderlichen Zusammenhaltes ab. Im Wintersemester 1954/55 erwirbt die Saxo-Silesia das Haus auf dem Lorettoberg, in dem sie noch heute residiert, durch großzügige Spenden einiger Alter Herren. Der Bund erlebt einen Aufschwung: 18 Füxe sind im Sommersemester 1957 Teil der Saxo-Silesia.
Die gesellschaftlichen Veränderungen durch die 68er lassen den Dachverband der Deutschen Burschenschaft und die Saxo-Silesia nicht unberührt. Die Saxo-Silesia schafft das pflichtschlagende Prinzip ab und beteiligt sich an der Diskussion um die politische Ausrichtung der Deutschen Burschenschaft. Die treulose Art, wie sich während der Zeit des fakultativen Fechtens immer wieder Bundesbrüder vom Bund lossagten, führte dazu, 1989 die Pflichtmensur wieder einzuführen, was letztlich einen so positiven Anklang fand, daß zu Beginn des Wintersemesters 1991/92 die zweite Pflichtpartie beschlossen wurde. Diese Rückkehr zum pflichtschlagenden Prinzip fand in den größten Teilen der Altherrenschaft überaus positiven Anklang.
Die Saxo-Silesia erlebt Mitgliederstarke und -schwächere Zeiten, ist jedoch als Bund stabil und erlebt frohe Zeiten. Wie in den besten Tagen ihrer alten Geschichte sind die Aktiven selbstverständlicher Teil der Universität und des modernen Lebens und sie sind sich gleichzeitig ihrer Verantwortung bewußt, als im Denken und Handeln freie Persönlichkeiten Anteil an den Geschicken der Welt, besonders Deutschlands, der Deutschen Burschenschaft und der Saxo-Silesia zu nehmen.
Die Saxo-Silesia hat im Geschäftsjahr 2019 zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft übernommen. Allerdings führt ab März 2020 im Folgejahr die Lockdown-Krise zur Absage vieler burschenschaftlicher Veranstaltungen, darunter des Burschentages, und macht das Mensurfechten zeitweise unmöglich.
Waren es 1815 noch keine 200 Burschenschafter, so zählt die Deutsche Burschenschaft heute rund 10.000 junge und alte Mitglieder in mehr als 100 Burschenschaften in Deutschland und Österreich.
Die Saxo-Silesia bewahrt den Zusammenhalt des Lebensbundes über alle Generationen von 18 bis über 80 Jahren. Wir sind zuversichtlich und froh, daß wir weitere hundert Jahre und noch mehr bestehen werden.